Gesunde Immobilien und gesundes Reinigen – eine zukunftsträchtige Verbindung

  • Interview

Die GEG Gebäudedienste reinigen nachhaltig. Seit einigen Jahren arbeitet das Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Lonsheim mit dem Sentinel Haus Institut zusammen, einer Beratungsfirma für Gesundheit und Nachhaltigkeit im Immobiliensektor aus Freiburg. Im gemeinsamen Interview mit GEG-Geschäftsführer Florian Wackler und Peter Bachmann, Geschäftsführer von Sentinel Haus, erläutern die beiden Fachmänner, warum Gesundheit in Immobilien und Reinigen unabdingbar miteinander verknüpft sind.

02. Oktober 2022

Was genau bedeutet Gesundheit in Immobilien?

Peter Bachmann: Gesundheit und Nachhaltigkeit sind untrennbar miteinander verbunden, auch in den anerkannten Gebäudezertifizierungssystemen. Gesundheit ist also Teil eines Gebäudes. Beim Einstieg in das Thema Wohngesundheit muss man die Begrifflichkeiten sauber trennen. So bedeutet ökologisch nicht automatisch gesund für den Menschen. Mein Lieblingsbeispiel ist der Fliegenpilz, der offensichtlich ökologisch und nachhaltig ist, aber absolut ungesund, sogar giftig für den Menschen. Bei gesundem Bauen muss die Gesundheit der im Gebäude Lebenden oder Arbeitenden gewährleistet sein. Gerade in Unternehmen ist das immens wichtig, Gesundheit und Kosten hängen zusammen. Bleiben meine Beschäftigten gesund, gehen keine Einnahmen verloren.

Welche Rolle spielt dabei die Gebäudereinigung?

Florian Wackler: Für uns Gebäudereiniger ist es sehr wichtig zu wissen, wie das Objekt, in dem wir arbeiten, gebaut ist, also ob wir in einem nachhaltig gesunden Gebäude unterwegs sind, sodass wir nahtlos daran anknüpfen können. Dazu müssen wir Produkte einsetzten, die ein entsprechendes Siegel haben. Nicht jedes Bioprodukt ist auch zwingend nachhaltig und/ oder gesund. Wir bieten schon lange das Reinigen mit nachhaltigen Produkten an. Wenn wir also in ein wohngesundes Gebäude gehen, dann mit den richtigen Produkten.

Die müssen auf mehrfache Weise passen. Klar dürfen wir nicht mit der Chemiekeule um uns hauen, aber die Wirkung muss auch stimmen. Einen Sanitärreiniger mit schwacher kalklösender Wirkung bringt in Regionen mit extrem kalkhaltigem Wasser nicht sehr viel. Gemeinsam mit der Gebäudereiniger-Innung sind wir schon lange an diesem Thema dran. Eigentlich müssen Bauherren bei der Planung auf uns zukommen und dann besprechen, welches Material eingesetzt werden sollte, wo ist die Lage der Reinigungskammern, gibt es genügend Wasserstationen oder Platz für eine Waschmaschine? All diese Fragen sind für das Arbeiten von Gebäudedienstleistern extrem wichtig. Wird darauf eingegangen, kann wirtschaftlich effektiv gearbeitet werden. Das hält die Reinigungskosten geringer, auch wenn womöglich teurere, zertifizierte Produkte zum Einsatz kommen.

Betrifft das nicht eigentlich alle Gebäude?

Florian Wackler: Selbstverständlich, aber häufig ist es doch so, dass diejenigen, die bereit sind, Mehrkosten für gesundes und nachhaltiges Bauen auszugeben, auch ein Bewusstsein für gesunde Reinigung haben.

Reicht es nicht, einfach Bioprodukte zu verwenden oder einzukaufen?

Florian Wackler: So einfach ist es nicht. Ein Produkt ist für mich nur nachhaltig, wenn es in seiner Gesamtheit kreislauffähig ist. Da gibt es nicht so viele. Nicht alle Produkte mit einem Ökolabel erfüllen diesen Standard.

Worin besteht der Unterschied zwischen biologisch unbedenklichen und gesundheitlich akzeptablen Stoffen?

Peter Bachmann: Das größte Problem ist, dass es viel zu viele Siegel gibt und hinter den wenigsten steckt echte, gute Qualität. Sentinel Haus orientiert sich stark an den Kriterien des Umweltbundesamtes und arbeitet in Arbeitsgruppen mit. Mittlerweile haben wir die umfangreichste Datenbank mit geprüften Produkten, Content und Experten für Gesundheit und Nachhaltigkeit in Europa. Auf diese können Gebäudereiniger zugreifen, um durch den Zertifikats-Dschungel durchzublicken. Denn wir berücksichtigen bei unserer Bewertung der Produkte ihre tatsächliche Nachhaltigkeit. Zum Beispiel gibt es beim Cradle to Cradle die Kategorien Platin, Gold, Siber und Bronze. Letzteres ist meilenweit von einem Gold-Standard entfernt. Solche Produkte listen wir gar nicht erst.

Ist Ihre Datenbank frei zugänglich?

Peter Bachmann: Ja, ist sie. Es gibt aber auch die Möglichkeiten einer Art Mitgliedschaft. Profis können einen tieferen Zugang beantragen und ihre Anfragen werden dann individualisiert bearbeitet.

Als Gebäudereiniger ist die GEG vor allem in Unternehmen unterwegs. Wie bringen Sie das Thema an Ihre Kunden?

Floria Wackler: Wir haben das Thema Wohngesundheit im Vertrieb angesiedelt und machen verschiedene Angebote von nachhaltig bis nachhaltig gesund. Das sind nur Nuancen, aber es ist wichtig, dass für alle etwas dabei ist. Nicht jeder Kunde fragt nach einer gesunden Reinigung. Aber dass wir mit nachhaltigen Produkten arbeiten, ist allen wichtig. Bei der Thematik Mitarbeitergesundheit, die Peter vorhin schon angesprochen hat, horchen die meisten übrigens auf. Denn wenn die Beschäftigten weniger krank sind und höhere Leistungsfähigkeit mitbringen, spart das Kosten, und da habe ich/haben die Kunden die eventuell höheren Preise von nachhaltiger Reinigung schnell wieder drin.

Wie sieht das mit Sentinel Haus aus? Wie ist die Beratungsnachfrage für Firmenkomplexe oder öffentliche Gebäude?

Peter Bachmann: Im Moment ist unsere Expertise in der Hotellerie sehr gefragt. Das ist Führungskräften nicht nur für ihre Gäste ein Anliegen, sondern auch für ihre Mitarbeitenden. Der Fachkräftemangel ist auch hier ein großes Problem. Wenn ich mich beim Recruiting von Konkurrenten durch gesundes Arbeiten abhebe, ist das ein wichtiges Argument. Und dann gibt es natürlich öffentliche Einrichtungen, wie Kindertagesstätten. Hier wird besonders auf gesundes Bauen, Modernisieren und Betreiben geachtet. Danach sieht es dann leider anders aus.

Florian Wackler: Leider bekommt im Anschluss der günstigste – gerne auch wirtschaftlichster genannt – Dienstleister den Zuschlag von den Kommunen oder öffentlichen Trägern. Da wird dann salopp ausgedrückt das gut Errichtete gleich wieder mit dem Hintern umgeschmissen.

Peter Bachmann: Das kann ich nur bestätigen. Derzeit wird ein großes Theater um die Zertifikation von Immobilien gemacht. Aber bei all den Konzepten fehlt das Wichtigste, und zwar die Betriebsphase. Denn gesundheitliche Qualität im Bau und der Ausstattung macht keinen Sinn, wenn anschließend Facility-Manager kommen und innerhalb von Stunden all diese Errungenschaften zu Nichte gemacht werden. Wir sind, was das anbelangt, sehr glücklich über die Kooperation mit der GEG Gebäudedienste.

Florian Wackler: Genauso ist es, Peter. Wir sind über unsere Zusammenarbeit auch extrem happy.

Corona hat Luftfiltergeräten einen Auftrieb gegeben. Wie neu ist der Aspekt der Luftreinigung für Sie beide, in Bezug auf gesunde Innenraumverhältnisse – und sind Luftfiltergeräte die Lösung?

Florian Wackler: Das ist ein schwieriges Thema für uns beide. Ich bin Allergiker und habe schon lange privat einen Luftreiniger, um Pollen zu filtern. Und das Gerät funktioniert sehr gut. Bei Corona funktioniert es auch, nur muss man sich das einmal klar machen: Der Reiniger steht in einer Ecke des Raumes und zieht die Luft an. Darin enthalten sind Pollen, Viren, Bakterien. Hustet am anderen Ende einer, dann wird die belastete Luft einmal durch den gesamten Raum und über alle anderen Personen hinweg zum Gerät gezogen. Das kontaminiert sämtliche Personen im Raum.

Peter Bachmann: Es gibt sehr gute und von uns geprüfte Geräte, jedoch gibt es sogar Geräte, die noch Duft verströmen und, und, und. Auch hier ist Information das A und O. Potentielle Käufer sollten wissen: Welcher Luftreiniger arbeitet wie und kann was?

Wann wird gesundes Bauen und Betreiben Normalität?

Peter Bachmann: Beide Themen sind im Grunde in der Politik und bei den Entscheidern schon längst angekommen. Auf allen wichtigen Kongressen und Messen der Branchen ist nachhaltiges Bauen und Bewirtschaften eine Selbstverständlichkeit. Das sehen wir ja auch in der Politik anhand von Entscheidungen wie dem Green-Deal oder der EU-Taxonomie. Für mich ist klar: In den nächsten fünf bis zehn Jahren entscheiden das Umsetzen von Nachhaltigkeit und ein achtsamer Umgang mit der Gesundheit von Beschäftigten über das Überleben von Handwerksbetrieben und Unternehmen. Wer den Knall nicht hört, wird dann weg vom Fenster sein.

Wird die Gefahr falscher Label und damit schlechter Bau- und Reinigungsqualität nicht höher?

Peter Bachmann: Tatsächlich sind in diesem Zusammenhang klare, rechtsverbindliche Aussagen extrem wichtig. Wie bereits erwähnt, haben wir jetzt schon eine unüberschaubare Menge an Zertifikaten auf dem Markt, von denen sehr viele keine echte Aussage über Nachhaltigkeit oder Gesundheit bieten.

Florian Wackler: Für mich gibt es nichts Schlimmeres als Greenwashing. Wir wollen das Beste für Nachhaltigkeit und Gesundheit, dafür brauche ich an sich keine Brand. Aber ich muss mich darauf verlassen können, dass die von mir eingekauften Produkte auch wirklich unbedenklich sind. Da stehe ich auch in großer Verantwortung meinen Beschäftigten gegenüber, die diese ja einsetzen. Das hat im Übrigen auch Strahlkraft auf die jungen Leute, die sich mit diesen Themen verstärkt auseinandersetzten und die ich ja gerne für mein Unternehmen gewinnen möchte.