Qualität fest im Blick – und das seit 30 Jahren

  • Interview

Die RAL Gütegemeinschaft Gebäudereinigung (RAL GGGR) besteht seit 30 Jahren. Richard Föhre, hauptberuflich Geschäftsführer des Gebäudedienstleisters Jeblick aus Kaiserslautern, hat durch sein Engagement und seine Leidenschaft den Posten als Vorstandsvorsitzender bei der RAL GGGR inne. Im Interview berichtet Föhre von den Aufgaben, Zielen und Zukunftsvisionen der Gütegemeinschaft.

08. Juni 2021

Die RAL GGGR feiert ihren 30. Geburtstag. Können Sie uns einen kurzen Überblick über die Ziele der Initiative geben?

Der Verein wurde von qualitätsorientierten Gebäudedienstleistern gegründet, die Merkmale und Kriterien für die Branche festhalten wollten. Auftraggeber sollten wissen, wenn Sie ein Unternehmen der RAL GGGR beauftragen, dass sie Qualität einkaufen.

Wer Mitglied bei der Gütegemeinschaft werden will, muss sich einer Erstprüfung unterziehen. Das erlangte Zertifikat wird jedes Jahr aufs Neue abgenommen. Wir kontrollieren im Grunde, was der Gesetzgeber vorschreibt, wie den Arbeitsschutz, die Arbeitszeit oder die Bezahlung. Ich sage auch gerne: Wir prüfen, bevor der Zoll kommt. Unsere Standards entsprechen aber nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, es gibt auch zusätzliche Verpflichtungen. Zum Beispiel wurde 2004 die Meisterpflicht für viele Handwerksberufe, so auch in der Gebäudereinigung, abgeschafft. Bei uns ist das anders – zertifizierte Unternehmen müssen einen Meister haben.

Seit wann begleiten Sie, Herr Föhre, schon die RAL GGGR und wie kamen Sie zum Verein?

Ich bin 2004 in die Landesinnung Rheinhessen-Pfalz des Gebäudereiniger-Handwerks gewählt worden. Damals habe ich mich schon für tarifgerechte Entlohnung oder vernünftige Flächenleistungen eingesetzt – das kam gut an. Zeitgleich habe ich auch gemeinsam mit meinem Geschäftspartner Christian Knoll für Jeblick nach Qualitätsmerkmalen gesucht und bin auf die RAL GGGR gestoßen. Also habe ich mich dort ebenfalls engagiert. Es war toll, weil ich mit offenen Armen aufgenommen wurde. 2007 wurde ich direkt Vorsitzender des Güteausschusses und als dann ein Vorstandsmitglied 2011 ausstieg, wählte mich die Mitgliederversammlung als Nachfolger. Ich begleite die RAL GGGR also schon über ein Drittel ihres Weges.

Wie ist der Verein aufgebaut und welche Rolle nehmen die Güteausschüsse ein?

Die RAL GGGR besteht aus einem ehrenamtlichen Vorstand, dem Güteausschuss und seinen Mitgliedern. Derzeit haben wir knapp 50 volle Mitgliedsunternehmen und darüber hinaus um die 15 Fördermitglieder. Dabei handelt es sich nicht nur um Dienstleister, sondern auch Maschinenhersteller, Maschinenproduzenten, Chemiehersteller oder Softwarefirmen.

Bei uns gibt es zwei Zertifikate, das RAL-GZ 902 für Gebäudereinigung und das RAL-GZ 903 für die Gebäudereinigung im Gesundheitswesen. Das RAL-GZ 903 ergänzt das erste um wichtige Qualitätsprüfungen, die eben in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen besonders wichtig sind. Dazu zählen beispielsweise Abklatschproben nach der Reinigung, die bestätigen, dass Oberflächen wirklich keimfrei sind.

Die Güteausschüsse, jeweils bestehend aus einem Obmann und mindestens zwei weiteren Mitgliedern, erarbeiten die Bestimmungen, auf deren Grundlage die Unternehmen geprüft und die Gütezeichen vergeben werden. Unabhängige Prüfer gehen ins Objekt, nehmen den Ist-Stand auf und stellen diese Dokumentation dem Ausschuss zur Verfügung.

Außerdem erarbeiten die beiden Gremien unsere Merkblätter.

Kam es schon einmal dazu, dass einem Mitglied sein Zertifikat wieder aberkannt wurde?

Ja, allerdings. Wir mussten sogar einem namhaften Unternehmen die Mitgliedschaft entziehen, weil es nicht in der Lage war, sich in einem angemessenen Zeitraum überprüfen zu lassen. Unsere Kriterien gelten immer und überall, unabhängig von Bekanntheit oder Größe.

Sie erwähnten die Merkblätter der RAL GGGR. Diese Handlungsempfehlungen sind eine wichtige Arbeitsgrundlage des Vereins.

Exakt, die von uns erarbeiteten Merkblätter stehen bis auf wenige Ausnahmen dem gesamten Markt kostenlos zur Verfügung. So wollen wir mehr Qualität in die Gebäudereinigung insgesamt tragen. Diese bestehen aus einer Mischung aus fachspezifischen Themen, wie zur Reinigung von Feinsteinzeug oder Sicherheitsglas, und allgemeinen Themen, darunter Ausschreibungen, Hilfestellungen bei Objektübernahmen und Ähnliches.

Werden die Merkblätter gut angenommen?

Das werden sie, wenngleich wir manchmal als Vorreiter auch Erstaunen auslösen. Unser Merkblatt für Leistungszahlen hat damals für ziemlich viel Irritation in der Branche gesorgt. Bis dahin gab es häufig utopische Angaben für die Flächenreinigung. Gemeinsam mit der Gewerkschaft IG Bau haben wir ein Merkblatt erarbeitet, dass einen vernünftigen Korridor für Flächenleistungen mit und ohne maschinelle Unterstützung angibt. Diese Orientierungshilfe führte zu viel Klarheit bei Auftraggebern wie Dienstleistern.

Was sind die aktuellsten Merkblätter?

Ich selbst habe gerade gemeinsam mit unserem Güteausschussvorsitzenden Herrn Oliver Majowski ein Merkblatt zur Reinigung von Feinsteinzeugfliesen erarbeitet. Die Schwierigkeit bei diesem Material ist, dass es mit der Zeit vergraut. Dessen Reinigung stellt aber keinen Teil der Unterhaltsreinigung dar, sondern ist eine Zusatzarbeit. Das muss dem Kunden klar kommuniziert werden.

In der Pipeline ist noch ein Merkblatt zum Thema Vergabe, das unser Geschäftsführer Torsten Kohn unter seine Fittiche genommen hat. Hier wird geklärt, was bei einer Ausschreibung beachtet werden muss oder welche Punkte enthalten sein müssen. 

Welche Vorteile haben Ihre Mitglieder, beziehungsweise wie unterstützt der Verein sie?

Natürlich wissen wir, dass es gute Unternehmen gibt, die keines unserer Zertifikate haben. Aber wer es hat, der kann seine Qualität auch belegen. Unsere Mitglieder können ganz klar zeigen, dass ihre Reinigungsleistungen top sind und sie zudem alle anderen gesetzlichen Vorgaben zu Lohn oder Sicherheit einhalten.

Das kann auch für nicht mehr inhabergeführte Firmen sehr wertvoll sein. Sind sie durch uns geprüft, besteht eine gewisse Rechtssicherheit.

Außerdem bieten wir ein tolles Netzwerk an: Wir haben vielerlei Kontakte von Gewerkschaft bis Zoll. Und unsere Mitglieder unterstützen sich. Man muss das Rad ja nicht immer neu erfinden. Über die Jahre sind intensive Partner- und Freundschaften entstanden. Bekommt ein Unternehmen einen großen Auftrag und es fehlt an einer Stelle an Personal, hilft man sich gegenseitig aus. Bundesweite Kooperationen sind dadurch möglich.

Die Gebäudereinigungsbranche hat immer wieder mit Imageproblemen zu kämpfen. Was kann die RAL GGGR bewirken?

Ich halte unsere Aufklärungsarbeit hier für sehr wichtig. Denn wir klären Fragen wie: Worauf muss man bei der Berechnung der Flächenleistung achten oder welche Punkte sind bei einer Ausschreibung wichtig? Das zielt im Übrigen auch ganz klar auf die Auftraggeber ab. Wer nur nach dem günstigsten Preis ausschreibt, erhält eben auch billige Ergebnisse.

Wie steht die RAL GGGR zum Thema Minijobs? Der Rat der Arbeit hat sich aktuell für eine schrittweise Abschaffung ausgesprochen.

Das sehen wir genauso. Entweder muss die starre Grenze geringfügiger Beschäftigung von 450 Euro flexibel werden oder Minijobs werden am besten ganz abgeschafft. Es muss möglich werden, dass Reinigungskräfte in Teilzeit arbeiten können und sich dieser Job auch lohnt. Dafür müsste die Steuerklasse 5 überabreitet werden, sodass die Beschäftigten einen höheren Verdienstanteil behalten können.

Und wann kommt die Tagreinigung?

Die Pandemie hat diesem Thema einen ordentlichen Schub verpasst. Es ist allen klar geworden, dass wir noch mehr auf qualitativ hochwertige Reinigung achten müssen. Wenn wir dieses Bewusstsein halten, dann können wir auch die Qualität halten. Und bequeme, anonymisierte Reinigung wird durch sichtbare Reinigung, die Vertrauen schafft, abgelöst. Es gibt so viele Tätigkeiten, die keine Geräusche machen und wunderbar in den Arbeitsalltag integriert werden können. Das wiederum könnte das Berufsbild interessanter machen. Reinigungskräfte könnten tagsüber, zu normalen Arbeitszeiten, ihrem gut bezahlten Beruf nachgehen.

Wo sehen Sie die Branche in Zukunft?

Die qualitative Gebäudereinigung ist von zentraler Bedeutung, das hat uns die Corona-Krise ganz deutlich gezeigt. Ich hoffe und erwarte, dass alle Verantwortlichen, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, der Reinigung mehr Bedeutung zumessen. Wir sollten die AHA-plus-L-Regel noch mit einem R für Reinigung erweitern. Wenn wir das zur Selbstverständlichkeit machen, haben wir viel erreicht.